Woran man sie erkennt!

Frauensache Volksgemeinschaft

Quelle: www.zeit.de

Rechtsextreme Frauen werden vor allem als Mitläuferinnen wahrgenommen. Dabei spielen Frauen eine Schlüsselrolle, um die rechtsextreme Ideologie in die Mitte zu tragen.
Mitglieder der rechtsextremen Frauenorganisation "Gemeinschaft Deutscher Frauen" bei einer NPD-Demo in Berlin, Archivaufnahme aus dem Jahr 2003

Mitglieder der rechtsextremen Frauenorganisation “Gemeinschaft Deutscher Frauen” bei einer NPD-Demo in Berlin, Archivaufnahme aus dem Jahr 2003
Als Sabine Schwarz* vor zehn Jahren Hilfe bei den Behörden suchte, schienen ihr die Ermittler erst nicht zu glauben. Eine rechtsextreme Kaderfrau will nach 20 Jahren aussteigen – mit mehreren Kindern? Polizei und Verfassungsschutz konnten ihr nicht viel bieten. Das Ausstiegsprogramm war nicht zugeschnitten auf ein Leben mit kleinen Kindern, Schutz konnten die Behörden ihr nur vor ihrem gewalttätigen Ehemann bieten, nicht vor dessen Kameraden. Frauen in der Szene, sagt Schwarz heute, werden von den Behörden nach wie vor unterschätzt.
Dabei ist der moderne Rechtsextremismus ohne Frauen nicht denkbar. Mittlerweile ist fast ein Drittel der NPD-Mitglieder weiblich, mindestens 10 Prozent der rechtsextremistischen Gewalttaten werden von Frauen verübt. Frauen melden Demonstrationen an, mieten Räume für Konzerte oder betreiben rechtsextreme Internetforen und Websites. Mehr noch: Sie ergreifen mittlerweile bewusst Berufe, in denen sie die Ideologie weiter in die Gesellschaft tragen können – werden Erzieherin, Lehrerin, Therapeutin oder Juristin.
Seit Beate Zschäpe und ihre Terrorkameraden aufflogen, interessiert sich auch die Öffentlichkeit für das Thema. Die Presse aber berichtete vor allem über ihr Verhältnis zu den beiden Mittätern. Dieser Fokus ist verengt, sagt Michaela Köttig, Professorin an der Fachhochschule Frankfurt am Main und Mitglied im Forschungsnetzwerk Frauen und Rechtsextremismus. “Wer nicht politisch motiviert ist, bleibt nicht 13 Jahre im Untergrund”. Das Forschungsnetzwerk kritisierte jüngst in einem offenen Brief die Berichterstattung über rechtsextreme Frauen. Das Bild von Neonazi-Frauen als unpolitische Mitläuferinnen führe zu einer Verharmlosung ihrer Rolle – obwohl vor allem sie es sind, die die Szene stabilisieren.
Als die 13-jährige Sabine Schwarz in den achtziger Jahren Kontakt zur Neonazi-Szene sucht, gibt es dort nur wenige aktive Frauen. Im Gegenteil, oft ist die Freundin für Neonazis sogar der Grund zum Ausstieg. Das ändert sich mit Frauen wie ihr. Sie hält sich nicht im Hintergrund, sondern will aktiv mitmachen. “Ich wollte den Linken zeigen: Wir sind noch da. Und mich hat die Naziideologie meines Großvaters geprägt. Vielleicht wollte ich ihn reinwaschen.” Schwarz träumt von einer Volksgemeinschaft, in der jeder seinen Platz hat.
Frauen stabilisieren die Szene
Sabine Schwarz legt eine steile Karriere in der rechtsextremen Szene hin, sie wird “Neonazi von Beruf”, wie sie das nennt. Sie schließt sich einer radikalen Gruppe in Niedersachsen an, wird Kameradschaftsführerin und Mitglied der “Wiking-Jugend”. Später geht sie zu den freien Nationalisten. Der NPD tritt sie nie bei – die sei ihr nicht radikal genug gewesen. Mit Anfang 20 gründet sie bereits Kameradschaften und leitet Neonazi-Kader, Skinheads und Hooligans an. Die Männer akzeptieren sie, auch weil sie auf Demonstrationen mit Steinen nach Gegendemonstranten, Journalisten und Polizisten wirft.
“Das Rollen- und Selbstverständnis für Frauen in der rechtsextremen Szene ist differenzierter geworden”, sagt Frauke Büttner, Mitglied im Forschungsnetzwerk Frauen und Rechtsextremismus. Ob militant-autonome Nationalistin, völkische Mutter, Skingirl oder bürgerlich erscheinende NPD-Politikerin – rechtsextreme Frauen sind mittlerweile so vielfältig wie alle anderen.
Die Mutterrolle aber bleibt der wichtigste Bestandteil des Neonazi-Frauenbildes. Vor allem, weil – anders als früher – dank ihnen die Männer innerhalb rechtsextremer Milieus Familien gründen, statt sie zu verlassen. Auch Sabine Schwarz stellt dieses Frauenbild nie infrage. Sie heiratet einen Neonazi und bekommt mehrere Kinder mit ihm. Die Kinder werden völkisch erzogen – Jeans und Radio sind tabu, die Mädchen müssen im Trachtenrock zur Schule und dürfen beim Klavierunterricht nichts von jüdischen Komponisten lernen. Ihre Ferien verbringen die Kinder im Lager der Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ).
Schwarz beginnt währenddessen, eine stärkere Rolle der Frauen in der Szene zu propagieren. Den NPD-Parteivorsitzenden Udo Voigt und dessen Stellvertreter Udo Pastörs, fordert sie auf, die Frauen aktiv einzubinden, um neue Mitglieder zu finden.
Sie selbst macht vor, wie es geht. Dass sie rechtsextrem ist, sieht man ihr nicht an. Mit ihren langen Haaren und den Öko-Röcken wirkt sie wie eine Alternative. Neben Familie und Neonazikarriere verschafft sie sich Zeit für ein Psychologiestudium. Sie setzt sich für gesunde Ernährung und gegen Genpolitik ein – und fordert gleichzeitig die Todesstrafe für Kinderschänder und Drogendealer. Wo immer sie auftaucht, gibt Schwarz die diskussionsfreudige, engagierte Mutter. Und nutzt ihre Authentizität, um der Bewegung neue Anhänger zu gewinnen.
2001 zieht sie mit mehreren Neonazi-Familien nach Mecklenburg-Vorpommern. In einem Dorf nahe Ludwigslust unternehmen sie einen Siedlungsversuch – das Ziel ist die national befreite Zone, eine Neonazi-Kolonie. Die Frauen spielen dabei von Anfang an eine zentrale Rolle. “Wir haben eine Krabbelgruppe gegründet und systematisch andere Vereine unterwandert.” Die Nazifrauen gehen zum Frauenfrühstück der Kirchengemeinde, werben für gesunde Ernährung und altes Liedgut.
Gleichberechtigt aber sind Frauen unter Rechtsextremisten nicht. “Die kennen ihre Grenzen”, sagt die Journalistin Andrea Röpke, die seit Jahren zu dem Thema recherchiert. Zwar gebe es etwa in der NPD mittlerweile Frauen auf kommunalpolitischer Ebene und Bundesebene. Immer wieder aber komme es vor, dass Frauen zugunsten eines Mannes auf ihren Listenplatz oder sogar ein Amt verzichten. Die sächsische NPD-Landtagsabgeordnete Gitta Schüßler musste als Vorsitzende der Partei-Frauenorganisation Ring Nationaler Frauen (RNF) zurücktreten, nachdem sie genau das kritisierte.

Der Ausstieg ist für Frauen besonders schwer
Auch Schwarz bekommt das immer wieder zu spüren. Ihrem Mann ist das Siedlungsprojekt nicht extrem genug, ihm fehlen Kameradschaftsabende und Parteiarbeit.
Während dieser Zeit sei ihr Mann immer radikaler geworden, sagt Schwarz. Er verwickelt sich in illegale Geschäfte und schlägt sie. Auch die Kinder leiden unter der Gewalt. Irgendwann hält sie es nicht mehr aus. Sie beschließt auszusteigen. Schwarz wendet sich an den Verfassungsschutz – und hat das Gefühl, dass die Behörde mit Frauen und Kindern überfordert ist.
Erst 2005 gelingt der Absprung, diesmal mit Hilfe der Organisation Exit. Die Familie nimmt eine neue Identität an. Doch damit ist es nicht getan. Bis heute lauern Sabine Schwarz einstige Kameraden auf. “Mein Ex-Mann hat mich in Foren zum Abschuss freigegeben – das heißt, dass uns jeder Nazi verfolgen kann.” Wie wird man mit dieser Angst fertig? “Ich war bereit, im politischen Kampf zu sterben – dieses Denkmuster hat mir dann kurioserweise auch beim Ausstieg geholfen.”
Schwarz ist inzwischen selbst Ausstiegsberaterin, sie hilft vor allem Frauen. Die Berichterstattung über die NSU hat sie mit großem Interesse verfolgt. Und sie hat sich über die Darstellung von Beate Zschäpe geärgert. “Wann fangen Medien und Behörden endlich an, Frauen ernst zu nehmen?”
*Der Name der Aussteigerin sowie Details aus ihrem Leben wurden zum Schutz von Sabine Schwarz und ihrer Familie anonymisiert.

Neue deutsche Nazis

Quelle. www.zeit.de
Rechtsextreme, das sind längst nicht mehr nur Schläger und Altnazis. Sie erobern mit Geschick und Geduld neue Milieus und Regionen. Wie kam das?
Ein Ordner auf einer Neonazi-Demonstration im niedersächsischen Bad Nenndorf</p><br /><br />
<p>

Ein Ordner auf einer Neonazi-Demonstration im niedersächsischen Bad Nenndorf
Hat Deutschland ein Neonaziproblem? Nein, werden die meisten auch nach der Aufdeckung der Zwickauer Terrorzelle ein wenig gereizt antworten. Schließlich landen die Rechtsextremisten höchstens im Osten größere Erfolge, die politische Klasse grenzt sich konsequent ab und die NPD zerlegt mittlerweile eher sich selbst als die demokratischen Zustände. Deutschland ist aufgeklärt und tolerant – daran können auch einige Irre nichts ändern.
So oder ähnlich beruhigen wir uns seit zwanzig Jahren, wenn wieder ein Mensch von Neonazis umgebracht wurde. Und während die Demokraten streiten, ob ein wirkliches Problem, ein Vergangenheitskomplex oder einfach ausufernde Fantasie vorliegt, sind Zonen entstanden, in denen die Rechtsextremen längst das Sagen haben. Parlamentarische Mehrheiten brauchen sie dafür gar nicht.
Neonazis sind uns näher, als wir denken. Mit wachsendem Erfolg buhlen sie um die Mitte der Gesellschaft. Wissenschaftler warnen schon länger davor, dass rassistische und autoritäre Ideen dort auf wachsendes Wohlwollen stoßen. Immer häufiger verdrängt aggressive Selbstbehauptung den Gemeinwohlgedanken – oft auf Kosten von Ausländern, Schwulen, Muslimen, Armen.
Brücken zu Studenten und Bildungsbürgern
Noch immer hält sich die Vorstellung, Neonazis seien nicht fähig, diese soziale Erosion für sich zu nutzen – ein Trugschluss. Längst ist ein intellektuelles Milieu entstanden, in dem rege über einen zukunftsfähigen Rassismus diskutiert wird. Politikphilosophische Zeitschriften bauen an Brücken zu Studenten und Bildungsbürgern. Die NPD hat ihre Landtagseinzüge in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern dazu genutzt, Abgeordnete in der Auseinandersetzung mit den Demokraten weiterzubilden.
  • Neue deutsche Nazis
  • Die Serie
Deutschland hat ein Neonaziproblem. In den vergangenen zwanzig Jahren sind Zonen entstanden, in denen sie faktisch das Sagen haben. Und sie dringen zunehmend in soziale Milieus der Mitte ein, zu denen sie früher kaum Zugang hatten.
Dies ist kein Zufall, sondern Ergebnis einer Strategie. ZEIT ONLINE zeigt in der Serie “Neue deutsche Nazis”, wie moderner Rechtsextremismus funktioniert und wo die Grenzen zwischen Demokratie und Rechtsextremismus aufweichen. Wir zeigen, wie jene Angst-Räume entstehen, in denen auch die Zwickauer Terroristen zu ihren brutalen Entschlüssen gelangten.
Die moderne deutsche Neonazi-Szene ist dynamisch, vernetzt, vielfältig und einflussreich. Wir sind sicher: Das Problem Rechtsextremismus wird sich nicht von selbst lösen.
Hinzu kommt: Die Grenze zwischen Demokraten und Rechtsextremisten ist nicht überall dicht. Mancherorts schweigen Presse und Politik noch immer lieber, als sich den Vorwurf einzuholen, die eigene Region madig zu machen. Bündnisse aller Demokraten scheitern viel zu oft daran, dass Konservative sich weigern, mit Linken auf einer Straßenseite zu stehen. In Dresden und anderen Städten machten sich Nazis zunutze, dass manche Behörden und Politiker in langhaarigen Alternativen das größere Problem sahen als in diszipliniert auftretenden Rassisten.
Wie weit die Neonazis auf ihrem Weg in die Mitte schon gelangt sind, zeigt sich am stärksten in strukturschwachen Gegenden des Ostens, wo nur mehr eine Minderheit die gesellschaftlichen Zustände für verteidigenswert hält. “Angst-Räume” nannte Wolfgang Thierse das, was die Neonazis mancherorts geschaffen haben – Zonen, vor denen inzwischen auch Reiseführer warnen. Orte, in denen Neonazis das feindselige Ruhebedürfnis der Wendeverlierer verteidigen. Gebiete, in denen auch die Zwickauer Terroristen zu ihren brutalen Entschlüssen gelangten.
Diese Entwicklungen sind kein Zufall. Schon im Jahr 1997 veränderte die NPD unter ihrem damals neuen Vorsitzenden Udo Voigt ihre Strategie. Waren die deutschen rechtsextremen Parteien bis dahin vorrangig auf das Ziel ausgerichtet, in möglichst viele Landtage einzuziehen, begann die Partei nun, sich in eine schwer zu fassende Sammlungsbewegung mit Apo-Anspruch umzuwandeln. Der rechtsextreme Kampf sollte von nun an um die Straße, um die Köpfe, um die Parlamente geführt werden. Dieser folgenreiche Strategiewechsel ist bis heute eines ihrer wichtigsten Erfolgsrezepte.
Zunächst band die Partei die Neonazi-Schläger aus den Freien Kameradschaften in ihr Gefüge ein. Damit wurde die NPD von einer muffigen Altherrenpartei zu einer dynamischen, jungen Bewegung – begleitet und beschützt von Straßenkämpfern, die im Zweifelsfall auch zuschlagen.
No-Go-Areas waren von Anfang Teil der rechtsextremen Strategie. Schon 1991 veröffentlichte der Nationaldemokratische Hochschulbund ein Papier, das bis heute als Leitbild dient: “Wir müssen Freiräume schaffen, in denen wir faktisch die Macht ausüben”, schrieb der anonyme Verfasser. “In einer befreiten Zone befinden wir uns, wenn wir nicht nur ungestört demonstrieren und Infostände abhalten können, sondern die Konterrevolutionäre dies genau nicht tun können.” Zwanzig Jahre später ist kaum zu bestreiten, dass es in einigen Gebieten Deutschlands genau so gekommen ist.
Symbole aus Punk- und HipHop-Bewegung
Die Neonazis haben sich nicht nur geographisch neue Räume erkämpft. Sie dringen auch in soziale Milieus ein, die ihnen früher kaum zugänglich waren. Mit wachsendem Erfolg buhlen sie um die Jugend. Subversive Attitüde und die Übernahme von Symbolen aus Punk-, Hardcore- und HipHop-Bewegung verschaffen ihnen dort immer häufiger Glaubwürdigkeit und Anerkennung.
Anders als früher binden sie auch die Frauen ein – junge Neonazis steigen oft nicht mehr aus, wenn sie Kinder bekommen. Rechtsextreme Familien können heute ungestört von Außeneinflüssen in ländlichen Neonazi-Kolonien leben – wenn sie in den umliegenden Dörfern nicht schon die Mehrheit stellen. Ihre Kinder werden bald an den Gymnasien, in der Bundeswehr, an den Unis auftauchen.
Die deutsche Neonazi-Szene ist dynamisch, vernetzt, vielfältig und einflussreich. In einer neuen Serie stellt ZEIT ONLINE künftig wöchentlich ihre Entwicklungen und Aktivitäten näher dar. Denn das Problem wird sich nicht von selbst lösen. Und: Es ist ein gesamtdeutsches. Die neuen Länder sind nicht die strategische Endstation, sondern ein Experimentierfeld der Neonazis. Begeht die Öffentlichkeit weiter den Fehler, sie als vernachlässigbares Randprodukt des sozialen Wandels zu betrachten, könnte der Tag kommen, an dem es zu spät ist, sie aus der Mitte zu verdrängen. Weil sie längst dazugehören.

Nazi-Klamottenmarke “Reconquista” bietet menschenverachtende “Killer-Döner”-T-Shirts an


Widerliches T-Shirt-Motiv von “Reconquista” Foto: © Screenshot
Während sich die NPD taktisch motiviert von den TerroristInnen des “Nationalsozialistischen Untergrundes” distanziert, beginnt nun in der Szene das Feiern der rassistischen Morde. (Bisheriger) Tiefpunkt ist ein Shirt der rechtsextremen Marke “Reconquista”: “Killer-Döner nach Thüringer Art”. Update: Macher werden wegen Volksverhetzung angeklagt!
Von Simone Rafael

Das Motiv ist so menschenverachtend, dass es dem Betrachter und der Betrachterin die Sprache verschlägt. Auf dem T-Shirt ist ein Döner-Spieß zu sehen, in dessen Fleisch eine Maske wie aus dem Horrorfilm “Scream” integriert ist, die nicht umsonst an einen Totenschädel erinnert. Dahinter sind zwei Schneidemesser wie die Knochen in einer Piratenflagge gekreuzt. Wer nun noch nicht auf den Hintergrund des Motivs gekommen ist, dem bleibt noch der Schriftzug: “Killer-Döner nach Thüringer Art”.
Das T-Shirt wird von der rechtsextremen Bekleidungsmarke “Reconquista” angeboten, die schon in der Vergangenheit mit geschmacklosen Motiven auf KundInnensuche ging (netz-gegen-nazis.de berichtete: “T-Shirt-Motive von “Reconquista reloaded” – Hassrätsel für die Szene” und “Trendige Mogelpackung in braun“). So ist es kaum verwunderlich, dass auch dieses widerliche Motiv gleich Fans in der rechtsextremen Szene fand – dort, wo die Nazis noch ungebremst und offen zu ihrer Ideologie stehen: Auf der rechtsextremen Plattform “Altermedia” nämlich – auf der der laufende Betrieb übrigens unverändert weitergeht, obwohl die verantwortlichen Betreiber jüngst vom Landgericht Rostock verurteilt wurden. Robert Rupprecht (30) – der sich nach eigenen Angaben von der Szene gelöst haben will – wurde zu 2 Jahren und 3 Monaten Haft verurteilt, Überzeugungstäter Axel Möller (47) zu 2 Jahren und 6 Monaten Haft.
Altermedia also feiert die neueste Designidee von “Reconquista”: “Altermedia-Herbstmoden empfiehlt den Modeknüller der diesjährigen Saison”. Auf Altermedia wird danach fleißig über das T-Shirt diskutiert. Natürlich wird unter den Hardcore-Nazis, die “Altermedia” frequentieren, nicht die menschenverachtende Botschaft angeklagt – sondern nur die Folgen diskutiert, die das Tragen eines solchen T-Shirts mit sich bringen könnte. “Gerd” erzürnt sich etwa: “welcher Geheimdienst-IM hat denn diese Gülleproduktion als Agent Provocateur eingestellt?” und der “Friese Hamurg” fragt: “Ich weiß nicht was man mit einem solchen T.Shirt erreichen soll? Als Träger dieses T.Shirts vermittelt man doch seiner Umwelt sofort, das die Thüringer Nazis auch tatsächlich die Mörder der Dönerbudenbesitzer sind. Ausserdem erweckt das T.Shirt den Eindruck das man die Morde auch noch lustig findet.” Die “Schriftleitung” von “Altermedia” antwortet: “Und das Problem liegt wo?” Böser Wehrwolf sekundiert:
Paulchen Phanter mit Heiligenschein und Flügeln lass ich mir noch gefallen! Zum T-Shirt sage ich nur,, Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s völlig ungeniert,, In Migratten No Go Areas nicht zu empfehlen. Der Videoclip der Zombiekillernazis sollte den Oscar bekommen!
“Reconquista” wurde im Jahr 2008 über die Online-Plattform “Spreadshirt” vertrieben, bis diese über die politische Ausrichtung der Marke informiert wurde und den Reconquista-Shop abschaltete. Der ehemalige Macher Arne Schemmerling hat die mittlerweile geschützte Marke nach einem Interview mit “Endstation rechts” an das Berliner Start-Up-Unternehmen “Deunatex Limited” verkauft. Dieses vermarktet die sportlichen Kleider und Accessoires zu Preisen herkömmlicher Markenkleidung nun direkt über die firmeneigene Website.
“Reconquista” bezeichnet in der Geschichtsschreibung die Rückeroberung der maurisch-muslimisch besetzten iberischen Halbinsel durch die Christen. In Bezug auf die Marke soll diese Benennung wohl die reaktionäre und islamfeindliche Position gegenüber denjenigen demonstrieren, die den Namen verstehen. Die Marke versteht sich laut ihrer Website als cool, widerständig und “feschistisch”. “Feschismus” bezeichnet den aufgehübschten, modernisierten und attraktiv gemachten Faschismus eines Jörg Haider.

Ergänzung vom 25.11.2011:
Ermittlungen wegen Volksverhetzung
Wie die taz berichtet, hat die Berliner Staatsanwaltschaft eie Räume des “Reconquista”-Internetversands durchsucht, der T-Shirts mit rechtsextremen und ausländerfeindlichen Motiven unter anderem im Zusammenhang mit der Nazi-Mordserie angeboten hat. Gegen zwei Geschäftsführer wurde ein Verfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft gab an, dass mehrere Anzeigen gegen den Versand vorlagen, die zu vier Durchsuchungsbeschlüssen geführt hätten. Daraufhin wurden Wohn- und Geschäftsräume sowie die Wohnung eines Verwalters in Berlin und im Berliner Umland untersucht. Computer wurden beschlagnahmt. “Die T-Shirts waren wohl noch nicht ausgeliefert”, sagte der Sprecher. Das T-Shirt wird mittlerweile nicht mehr auf der Internetseite angeboten, andere Shirts mit rechtsextremen Slogans werden weiter verkauft.

Die Landtagskandidaten der NPD in MV

Udo Pastörs
Wer sind die Männer, die die ersten fünf Listenplätze der NPD bei den Landtagswahlen 2011 in Mecklenburg-Vorpommern einnehmen? Wir haben sie unter die Lupe genommen.

Von Rainer Mai

Die diesjährigen ersten fünf Listenplätze der NPD bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern sind bekannte Namen. An der Spitze steht Udo Pastörs, gefolgt von Tino Müller und Michael Andrejewski. Auf den Plätzen vier und fünf stehen Stefan Köster und David Petereit. Aber wer genau sind diese Männer eigentlich?

Udo Pastörs

Der Spitzenkandidat der NPD in Mecklenburg-Vorpommern sitzt schon seit 2006 als Landtagsabgeordneter für die NPD im Schweriner Landtag und ist gleichzeitig auch Fraktionsvorsitzender der NPD. Nebenbei betreibt er einen Uhren- und Schmuckladen in Lübtheen, einer kleinen Stadt im Landkreis Ludwigslust in Mecklenburg-Vorpommern. Im Mai 2010 wurde Pastörs vom Amtsgericht Saarbrücken wegen Volksverhetzung zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten und einer Geldbuße von 6.000 Euro verurteilt. Auf einer öffentlichen Veranstaltung der NPD hatte er Deutschland als „Judenrepublik“ betitelt und türkische Männer als „Samenkanonen“ bezeichnet.

Tino Müller

Ein altbekannter Kameradschaftsfüher und früherer Aktivist in der seit 2009 verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) ist Tino Müller. Seit März 2006 ist er Vorsitzender des NPD-Kreisverbandes Uecker-Randow und nun Kandidat der NPD auf dem zweiten Listenplatz. Auch Müller zieht eine lange Reihe von Verurteilungen und Anzeigen hinter sich her. Jüngst wurde er beispielsweise zu einer Geldstrafe von 2.100 Euro verurteilt, weil er 2008 Veranstalter und Leiter einer Demonstration gegen eine Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Uecker-Randow war und diese nicht zuvor angemeldet hatte. Auch der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma klagten Müller wegen pauschal-diskriminierende Hetzpropaganda gegen Sinti und Roma an, die teilweise auch den Tatbestand der Volksverhetzung und Beleidigung erfüllten.

Michael Andrejewski

Er ist Mitglied des NPD-Landesvorstandes Mecklenburg-Vorpommern und sitzt für die NPD im Kreistag Ostvorpommern. Seit 2006 ist er auch Abgeordneter im Schweriner Landtag. Auch vor der Wende war Andrejweski in Westdeutschland politisch schon sehr aktiv. In den achtziger Jahren gründete er, unter anderen, die NPD-nahe Hamburger Liste Ausländerstopp. In seiner Hochschulzeit amtierte er als Sprecher der DVU-Hochschulgruppe, ebenfalls in Hamburg. Nach der Wende wird er im Osten aktiv. Beispielsweise ist er verantwortlich für etwa 100.000 Flugblätter in denen unter der Überschrift „Widerstand gegen Ausländerflug“ gegen „Einwanderer“ gehetzt wurde. Auf die Flyer folgte im August 1992 eine Attacke auf die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber in Rostock-Lichterhagen. Einen Zusammenhang zwischen Flyern und Attacke leugnete er.

Stefan Köster

Er ist der hauptamtliche Bundesgeschäftsführer und Landesvorsitzender des NPD-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern sowie seit 2006 Mitglied des Landtages in Schwerin. Auch Köster kann eine Reihe von Anklagen und Verurteilungen vorzeigen. Weil Köster gemeinsam mit anderen leitenden NPD-Funktionären nach einer Demonstration eine junge Frau schwer verletzte, wurde er zu sechs Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Da Köster 2006 durch sein Landtagsmandat dem Schutz der Immunität unterlag, hob der Landtag Mecklenburg-Vorpommern einstimmig die Immunität des Abgeordneten auf. Nach einem Berufungsverfahren und einem Geständnis wurde das Strafmaß auf eine Geldstrafe von 5.400 Euro reduziert.

David Petereit

David Petereit ist das Bindeglied der neonazistischen Kameradschaftsszene in Mecklenburg-Vorpommern und der NPD. Er ist stellvertretender Landesvorsitzender der NPD in Mecklenburg-Vorpommern und wirkt auch in politischen Vorfeldorganisationen wie dem „Kulturkreis Mecklenburg-Strelitz“ und der mittlerweile verbotenen HDJ mit. Alljährlich organisiert David Petereit den sogenannten „Tollense-Marsch“ in Neubrandenburg – zum Gedenken an den 1930 gestorbenen SA-Führer Horst Wessel. An dem etwa 40 Kilometer langen Marsch nehmen zwischen 80 und 130 Neonazis aus den Reihen von mecklenburgischen, brandenburger und berliner Kameradschaften teil. Seit April 2007 zeichnet Petereit auch für einen Online-Shop namens „Levensboom“ verantwortlich. Dort werden neben völkischem Liedgut unter anderem das Buch Arische Jugend und Bücher zur Waffen-SS verkauft. Nebenbei findet sich Petereit im Impressum des Nazi-Internetportal mupinfo.

Bei der Recherche über die Kandidaten wird einiges deutlich: Politische Aktivitäten liegen bei allen im Bereich des Neonazistischen. Verurteilungen, Anzeigen und Verbote, damit können die Kandidaten glänzen.

Quelle: mut-gegen-rechte-gewalt.de

Rechtspopulismus: Wenn Ideen zu Dynamit werden

Rechtspopulismus

Am 3. August 2011 demonstrierten rund 300 Menschen in Berlin gegen Rassismus und Rechtspopulismus. Sie bekundeten damit auch ihre Solidarität mit den Opfern von Oslo und Utøya.Von Paul GrinsRund 300 Menschen folgten dem Aufruf des Bündnis „Rechtspopulismus stoppen“, um gemeinsam unter dem Motto „Solidarität mit den Opfern von Oslo und Utøya! Gegen Rechtspopulismus und Rassismus! Der Tod kommt aus der Mitte!“ in Berlin-Mitte zu demonstrieren. Gemeinsam ist allen Anwesenden eine Erkenntnis: Anders Behring Breivik war kein verwirrter Einzeltäter, der isoliert seine Thesen verfolgte und umsetzte. Um seine Taten zu verstehen, müssen sie in dem gesellschaftlichen Klimabetrachtet werden, in dem sie entstehen konnten.Dem „Volk“ auf’s Maul schauenIhr Kontext ist der europäische Rechtspopulismus. Vertreterinnen und Vertreter diese Rechtspopulismus, wie die Fortschrittspartei aus Norwegen, die Schwedendemokraten oder die Freiheitliche Partei Österreichs, versuchen sich nun von Breivik zu distanzieren; ignorieren und verdrängen so aber ihre Wirkung auf den Täter und auf die Gesellschaft. „Prinzip des Rechtspopulismus ist es dem ‚Volk’ aufs Maul zu schauen und dann komplexe Probleme, die dort aufgegriffen wurden, zu pauschalisieren und in vereinfachende Parolen zu packen“, erklärt Dirk Stegemann, Pressesprecher des Bündnisses. „Der Rechtspopulismus wirkt als eine Politikvermittlungsform, die von Menschen, Politik und Medien genutzt wird. Auf diese Art und Weise wird beispielsweise das Bild eines Islams kreiert, gegen das man ungehindert wettern kann“, so Stegemann weiter.Die ominöse MitteHier bleibt das Bündnis in seiner Analyse allerdings nicht stehen. Der Untertitel „Der Tod kommt aus der Mitte“ macht eine weitere Verbindung klar. Eine Verbindung, die in den letzten Tagen zunehmend von Politik und Medien verschleiert und ignoriert wird. Eine Verbindung, die das Bündnis „Rechtspopulismus stoppen“ aber klar benennt und bewusst zu einem Thema der Demonstration macht: Die Verbindung zwischen einem europäischen Rechtspopulismus und einem Rechtsruck innerhalb der Gesellschaft. Gerade in Deutschland ist das ein Problem. „Die größte Gefahr ist nicht etwa die institutionalisierte Form des Rechtspopulismus, da die Szene sehr zersplittert ist und eher in Konkurrenz zueinander steht. Vielmehr ist es ein Rechtsruck in der deutschen Gesellschaft, der zu beobachten und dem entgegen zu treten ist“, sagt Stegemann dazu. Die etablierten Parteien übernehmen gelegentlich stillschweigend rechtspopulistische Themen und Ausrucksweisen. Dadurch werden diese mehrheitsfähig und so wird Rassismus irgendwann normal.

Rechtspopulismus in Berlin

Ähnlich wie in anderen Bundesgebieten, haben sich auch in Berlin rechtspopulistische Organisationen gegründet beziehungsweise Ableger bundesweiter Organisationen etabliert. Ob Die Freiheit oder Pro Berlin – es tut sich was in der Stadt. „Wahrscheinlich ist ein Einzug rechtspopulistischer Parteien in das Abgeordnetenhaus allerdings nicht“, stellt Stegemann fest. Doch auch wie auf Bundesebene oder in ganz Europa resultiert die Gefahr rechtspopulistischer Parteien nicht unbedingt aus ihrer Größe, sondern aus ihrer Ideologie, die rassistische Äußerungen mittlerweile mehrheitsfähig gemacht hat. „Das allseits bekannte Prinzip ‚Es muss doch mal gesagt werden dürfen’ ist symbolisch für diese Entwicklung. Egal ob in Medien, Politik oder Gesellschaft. Diese Äußerungen findet man überall“, beobachtet Stegemann.

Die Gefahr bleibt

Über eine Verbindung zwischen der Neonaziszene und den Rechtspopulisten sorgt er sich allerdings nicht: „Personelle Überschneidungen in Berlin sind unwahrscheinlich. Denn Rechtspopulisten geben sich bewusst pro-israelisch und pro-amerikanisch und bezeichnen sich selbst auch gerne mal als ‚Rechte ohne Antisemitismus’.“ Nichtsdestotrotz stellen sie eine fundamentale Gefahr für demokratisches und vielfältiges Zusammenleben und dürfen nicht ignoriert werden. Doch Dank der Arbeit von Organisationen, wie dem Bündnis „Rechtspopulismus stoppen“, werden sich Menschen immer in den Weg alltäglicher Diskriminierung und Rassismen stellen.

Quelle: mut-gegen-rechte-gewalt.de, vom 4.8.2011

 

„Die Freiheit“


Screenshot von der Website der Partei “Die Freiheit” Foto: © Screenshot

“Die Freiheit” (Untertitel: Bürgerrechtspartei für mehr Freiheit und Demokratie) ist eine rechtspopulistische Partei, die am 28.10.2010 vom Berliner Abgeordneten René Stadtkewitz (ehemals CDU, Bürgerbewegung Pax Europa), Marc Doll (ehemals CDU) und Aaron König (ehemals Bundesvorstand der Piratenpartei) in Berlin gegründet wurde.

Erstes Ziel der Partei ist es nach eigenen Angaben, an der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 2011 teilzunehmen.

Der erste Landesparteitag war in Berlin für den 11. Januar 2011 geplant, musste aber ausfallen, da ein Hotel und eine Sprachschule die zunächst zugesagten Räume absagten. Als nächste Schritte sind die Gründungen von Landesverbänden in Sachsen, Thüringen, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern geplant. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Partei nach eigenen Angaben 220 Mitglieder in Berlin und 1.200 bundesweit.

Ziele der Partei “Die Freiheit”

Gegen Islam und Sozialismus
“Die Freiheit” sieht sich auf einer Linie mit anderen rechtspopulistischen bis rechtsextremen Parteien in Europa – zu allererst mit der niederländischen “Partij voor de Vrijheid” (“Partei für die Freiheit”) von Geert Wilders. Gemeinsam mit Vertretern der “Freiheitlichen Partei Österreichs” (FPÖ), von “Vlaams Belang” (Belgien) und den rechtsextremen “Sverigedemokraterna” (“Schwedendemokraten“) bereiste René Stadtkewitz für “Die Freiheit” im Dezember 2010 Israel und gab eine “Jerusalemer Erklärung” zu gemeinsamen Zielen heraus, die sich als Bewegung gegen eine “Islamisierung Europas” zusammenfassen lassen.

Gemeinsam ist diesen Parteien, dass sie in einem “fundamentalistischen Islam” eine “neue weltweite totalitäre Bedrohung” sehen. Gegen dies wollen ausgerechnet die Rechtspopulisten die Demokratie und die Menschenrechte verteidigen. Hierfür fahren sie – etwa in der “Jerusalemer Erklärung” – verbal große Geschütze auf: Es gehe ihnen um den “Wertekanon der westlichen Zivilisation, der auf dem geistigen Erbe der griechisch-römischen Antike, der jüdisch-christlichen kulturellen Werte, des Humanismus und der Aufklärung” basiere.

Was diese Worte verbergen sollen: Mit dem Anrufen von Freiheit, Gleichheit und Mitbestimmung ist es nicht weit her, wenn genau diese Grundrechte nicht für alle Menschen gelten sollen, sondern nur an eine – wie auch immer geartete – “eigene Kultur” geknüpft werden, die als vorrangig angesehen wird. Der “Kultur”-Begriff wird dabei völkisch-ausschließend verstanden und als eine zeitgemäßere Fassung von Rasse-Ideologien des Nationalsozialismus verwendet. In etwas gemäßigteren Worten ist es das rechtsextreme Konzept des Ethnopluralismus, das hier propagiert wird: “Das Recht auf Heimat ist ein Menschenrecht, welches für alle Völker zu wahren und umzusetzen ist”, so die “Jerusalemer Erklärung”. Das ist eine sprachlich etwas hübschere Version des altbekannten Slogans “Ausländer raus”.

Im ersten Entwurf eines “Grundsatzprogramm (1.0)” macht die “Freiheit” einen weiteren “Feind” aus: einen “Staatsapparat”, der sich gegen die Bürger wende, sie überwache, ihr Geld verschleudere und ihre Grundrechte beschneide. Dieser und andere gesellschaftliche Kräfte arbeiteten außerdem an “linksideologisch motivierte(n) Experimenten zur Umerziehung der Bevölkerung und sozialistischer Gleichschaltung unserer Gesellschaft” (im “Grundsatzprogramm 1.0″ der “Freiheit”).

Typische rechtspopulistische Argumentationsstrategien, die “Die Freiheit” bedient, sind:

  • - Den Anschein erwecken, im “Kampf” zu stehen, weil der Untergang des eigenen Landes, der eigenen “Kultur”, und auch der Verlust aller persönlichen Freiheitsrechte unmittelbar bevorstehe.
  • - Dazu gehört die Präsentation eines Sündenbocks. Hier sind das der Islam oder die Muslime. Wobei es eine argumentativ schlaue Volte ist, dass “Die Freiheit” stets vom “fundamentalistischen Islam” reden und damit den Anschein einer Differenziertheit erwecken möchte. Mit dieser ist es allerdings nicht weit her, wenn zugleich der Eindruck entsteht, fast alle in Deutschland lebenden Muslime seien fundamentalistische, kriminelle, in Parallelgesellschaften lebende Muslime, weil stets diese gezeigt oder als Problem benannt werden.
  • - “Die Freiheit” verbreitet die Idee der politischen Machtlosigkeit, gefördert durch böse etablierte Politiker (“politische Kaste”, “Staatsapparat”), die “das Volk” auch machtlos halten bzw. es manipulieren wollen.
  • - Immer wieder das Szenario beschwören, man dürfe seine Meinung nicht (mehr) offen äußern, besonders zu kontroversen Themen – was die exzessive Medienberichterstattung zum Thema Integration etwa im Zuge der Sarrazin-Debatte unschön ad absurdum führte, indem unzählige Islamfeinde in vielen Medium ausführlich ihre Thesen darbieten konnten.
  • - Dazu gehört auch, sich als Opfer einer “Meinungsdiktatur” zu präsentieren, wenn private Unternehmer keine Lust verspüren, einen rechtspopulistischen Landesparteitag zu beherbergen.
  • - Diffamierung von Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren, auf verschiedenen Ebenen: 1. Durch Toleranz des Islam förderten sie Antisemitismus, Homophobie und Sexismus und verrieten quasi selbst Ideale der Demokratie. 2. Sie seien “Faschisten”, wenn sie sich gegen rechtspopulistische Stimmungsmache engagierten, und würden damit Rechtspopulisten unterdrücken (etwa in einem “offenen Brief” nach dem Ausfall des ersten Landesparteitags in Berlin). Beide “Argumente” zeigen, wie wenig “die Freiheit” den Gedanken der Gleichwertigkeit aller Menschen ist und des demokratischen Meinungsaustausches zu verstehen bereit ist.
  • - Zur Strategie gehört auch, selbst möglichst keine überprüfbaren Sachargumente zu präsentieren, aber anderen stets mangelnde Differenzierung vorzuwerfen.

Freiheit?

Der Blick ins Grundsatzprogramm der “Freiheit” zeigt, dass die Partei zwar vorgibt, für Freiheitsrechte zu stehen – aber nur dort, wo sie den “Freiheit”-Anhängern passen. Das heißt: Im Sinne von Etabliertenvorrechten, Law-and-Order-Politik und mit Wirtschaftlichkeitsdenken als oberstes Kritierium zur Beurteilung des Wertes eines Menschen. Dabei trifft die Beschneidung der Freiheiten auf verschiedensten Ebenen nicht nur Islamisten (die sofort abgeschoben werden sollen) oder Migranten (die am besten gar nicht mehr zuwandern können sollen und wenn, dann nur, wenn sie wirtschaftlich nützlich sind und sich assimilieren) sondern auch Frauen (Abtreibungsverbot) oder Menschen ohne Kinder (keine Rente) oder Kinder selbst (bundeseinheitliche Schulen, Schuleinheitskleidung).

Mit der von ihr selbst so vehement geforderten Transparenz der Politik tut sich “Die Freiheit” aktuell (01/2011) noch schwer: Sie hat drei Monate nach ihrer Gründung weder eine Geschäftsstelle noch eine Telefonnummer. Veranstaltungsorte für Informationsveranstaltungen werden geheim gehalten und sind erst nach Anmeldung zu erfahren.

Und während der “Freiheit”-Bundesvorsitzende René Stadtkewitz und sein Stellvertreter Marc Doll gegen die Antifa wettern (“Nur wenig unterscheidet sich die heutige ‘Anti’fa von der damaligen SA.”), verteilen Anhänger zum Landesparteitag Flyer mit der Aufschrift “Keinen Fussbreit den rechtsradikalen Islamfaschisten!” (die an die Antifa-Losung “Kein Fussbreit den Faschisten” angelehnt ist), einem Logo der “Antifaschistischen Aktion” (in blau) und der Einladung auf die Website “rechts-islamismus-stoppen.de” – die wiederum “Freiheit”-Gründungsmitglied Aaron König gehört. Abstimmungsbedarf über Taktiken und Ausrichtung gibt es wohl auch noch in den eigenen Reihen.

Autorin: Simone Rafael

Stadtkewitz, René

René Stadtkewitz (* 9. Januar 1965), gelernter Metallurge für Walzwerktechnik und nach eigenen Angaben Kaufmann und Unternehmer, war von 1995 bis 2009 Mitglied der Berliner CDU. Von 2001 bis 2005 und von 2006 bis 2007 war Stadtkewitz Vorsitzender der CDU Pankow.

Seit 2006 engagiert er sich gegen den Bau der Khadija-Moschee der Ahmadiyya Muslim Jamaat in Berlin-Heinersdorf. Er unterstützte die Bürgerinitiative ipahb e.V. und nahm an zahlreichen Demonstrationen gegen den Moscheebau teil, auf denen er u.a. den Islam als “in Europa nicht integrierbar” bezeichnete. Im August 2006 wurde ein Brandanschlag auf sein Wohnhaus in Karow verübt; Stadtkewitz, seine Frau und seine zwei Kinder konnten sich aber unverletzt in Sicherheit bringen.

Seit 2008 ist Stadtkewitz außerdem Landesvorsitzender für Berlin-Brandenburg und stellvertretender Bundesvorsitzender des Vereins “Bürgerbewegung Pax Europa”, der sich besonders durch unverhältnismäßige Kritik am Islam und an in Europa lebenden Muslimen definiert, auch wenn der Verein dies als “Bewahrung der christlich-jüdischen Tradition unserer europäischen Kultur” bezeichnet und den Islam als “faschistoide Ideologie” verurteilt.

Am 30. Oktober 2009 trat Stadtkewitz aus der CDU aus, um gegen die seiner Meinung nach zu islamfreundliche Politik der CDU und speziell der ehemaligen Berliner Ausländerbeauftragten Barbara John zu protestieren. Er blieb jedoch Mitglied der Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Als Stadtkewitz im Oktober 2010 den niederländischen Rechtspopulisten und “Islamkritiker” Geert Wilders zu einer Diskussionsveranstaltung nach Berlin einlädt, schließt ihn die Berliner CDU-Fraktion aus.

Daraufhin gründet Stadtkewitz am 28. Oktober 2010 zusammen mit dem ehemaligen CDU-Politiker Marc Doll und dem ehemaligen Bundesvorstandsmitglied der Piratenpartei, Aaron Koenig, die neue Partei mit dem Namen “Die Freiheit”. “Die Freiheit” vertritt rechtspopulistische Thesen, tritt für Etabliertenvorrechte und Law-and-Order-Politik ein und schimpft auf etablierte Parteien und alles, was sie politisch links verortet. Ihr Hauptthema aber ist der “Kampf” gegen die “Islamisierung Europas”.

Quelle: Netz gegen Nazis

Fußball verbindet – aber grenzt auch aus


“Hetero, weiß und männlich? Fußball ist viel mehr!” Foto: © Friedrich-Ebert-Stiftung

Im Jahr der Weltmeisterschaft wird wieder viel diskutiert über Frauenfußball. Von naturgegebenen Körpereigenschaften ist die Rede, die es den Frauen unmöglich machten, guten Fußball zu spielen. Davon, dass der Sport viel zu hart sei, für das “schwache Geschlecht” und überhaupt sei Fußball eben ein Sport für echte Männer. “Hetero, weiß und männlich? Fußball ist viel mehr” ist der Titel der neuen Studie von Nina Degele und Caroline Janz, die sich mit Sexismus, Homophobie und Rassismus im Fußball auseinandersetzt.

Von Ulla Scharfenberg

Die Friedrich-Ebert-Stiftung, die die Studie herausgibt, veranstaltete anlässlich der Veröffentlichung ein Fachgespräch, an dem Vertreterinnen und Vertreter des Sports, der Politik und der Fußballfans teilnahmen. Moderiert wurde die Gesprächsrunde von Autor Ronny Blaschke, der jüngst sein Buch “Angriff von rechtsaußen. Wie Neonazis den Fußball missbrauchen” in Berlin vorstellte. Die Freiburger Soziologieprofessorin Nina Degele fasst die Ergebnisse ihrer Untersuchung so zusammen: “Fußball verbindet, aber immer auch durch Ausgrenzung. Denn das Gefühl von Zusammengehörigkeit und Gemeinschaft entsteht durch die Abgrenzung von anderen. Wir wissen, wer wir sind, wenn wir wissen, von wem wir uns unterscheiden. Der Fußball bietet dafür zahlreiche Möglichkeiten.”

Emotionslos, Körperlos und zu technisch
In 18 Gruppendiskussionen mit fußballspielenden oder fußballbegeisterten Teilnehmerinnen und Teilnehmern bestätigte sich ihre These, typische Vorurteile, ob rassistischer, sexistischer oder homophober Natur, wurden mal offener, mal versteckter geäußert. Nina Degele stellt fest: “Junge Mädchen, die selbst begeistert Fußball spielen und Altherrenmannschaften, die noch nie ein Frauenfußballspiel gesehen haben, beziehen sich in ihren Bewertungen von Frauenfußball auf verblüffend ähnliche Geschlechterstereotypen.” Verantwortlich dafür ist nicht zuletzt die Fußballberichterstattung in den Medien. Fußballerinnen werden häufig auf ihr Äußeres reduziert und nur nach ihrer Attraktivität beurteilt, Der offizielle WM-Slogan “20Elf von seiner schönsten Seite” ist da nur ein Beispiel. Birgit Prinz, die in den allermeisten Vermarktungskampagnen fehlt, äußerte sich schon 2004 im Stern sehr deutlich: “Wir möchten unseren Sport vermarkten, nicht unseren Hintern”. Die vermeintlichen Gründe, warum Frauen nicht Fußball spielen sollten, bzw. dies sicher nicht so gut könnten wie Männer, sind vielfältig. Die körperliche Unterlegenheit von Frauen wird angeführt, geringere Schnelligkeit und Kraft oder ein schlechteres Zweikampfverhalten. Frauen seien auch nicht so emotional, der Frauenfußball sei körperloser und viel technischer. Auch Tanja Walther-Ahrens, Delegierte der European Gay and Lesbian Sport Federation und Bildungsbeauftragte des Deutschen Fußball-Bundes, kennt diese Vorurteile. Erfahrungen mit der Bevorzugung von Männerteams machte die ehemalige Bundesligaspielerin schon früh. Abschrecken ließ sie sich davon allerdings nicht: “Mädchen gehen auf den Sportplatz nicht, weil sie ein politisches Statement abgeben wollen, sondern weil sie Fußball spielen wollen.”

Fußball ist alles – auch schwul!
In der Gruppendiskussion wurde kein Thema so verunsichert diskutiert wie Homosexualität. Manche negierten (“schwul sein gibt’s nicht im Fußball”), andere machten Witze. Nina Degele spricht in diesem Zusammenhang vom “Tabu der Körpernähe unter Männern”. Homosexuelle Fußballerinnen müssen sich häufig mit einer doppelten Diskriminierung auseinandersetzen, als Frau und als Lesbe. So wird in der medialen Wahrnehmung Homophobie meist auf Schwule bezogen, aber es sind gleichermaßen die Lesben, die unter der Diskriminierung leiden, erklärt Nina Degele: “Gelten Kickerinnen qua Geschlecht als fehl auf dem Platz, bietet die lesbische Orientierung geradezu eine Erklärung für eine solche Absonderlichkeit. Bei männlichen Fußballspielern stimmen Sport und Geschlecht überein. Der große Bruch erfolgt erst über die homosexuelle Orientierung.” Eren Ünsal, Leiterin der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung, setzt sich in der Berliner Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales für den Abbau von Vorurteilen ein: “In Berlin präsentieren wir uns gerne als besonders weltoffen und trotzdem ist Homophobie nachwievor ein gesellschaftlich relevantes Problem”. Das kann auch Dr. Tatjana Eggeling bestätigen, die Verbände, Vereine und Aktive im Umgang mit Homosexualität und Homophobie berät. Dass sich in Deutschland noch kein einziger Profifußballer geoutet hat, liege nicht zuletzt an den Medien. “Es geht darum, der erste zu sein beim Schwulenouting” vermutet die Kulturwissenschaftlerin, die in Interviews immer wieder nach Namen homosexueller Profis gefragt wird. Hier liegt offenbar eine entscheidende Diskrepanz zwischen Sensationsgier und wachsender politischer Korrektheit in Bezug auf Homosexualität im Fußball vor. Nina Degele und Caroline Janz bemerken in ihrer Studie, dass der mediale Diskurs in den letzten Jahren von einer Korrektheitsoffensive dominiert würde und im Vergleich zu sexistischen oder chauvinistischen, homophobe Aussagen kaum noch Platz fänden.

Homophobie als neuer Rassismus?
Michael Gabriel, Leiter der Koordinierungsstelle Fanprojekte (KOS), warnt davor, die Schuld für Homophobie im Fußball allein den Fans zu geben. Gabriel äußert die Theorie, dass ein Outing von den Fans besser aufgenommen würde, als beispielsweise von Sponsoren. “Die Realität der Fankurve ist eine Sonderwelt” erklärt der Frankfurter, der sich der Probleme in den Stadien durchaus bewusst ist. “Das Engagement gegen Diskriminierungen im Fußball braucht einen langen Atem”, dass hätte die Arbeit gegen Rassismus gezeigt und gerade deshalb sei es wichtig positive Signale in den Faninitiativen zu stärken. Gegen Homophobie müsse auf allen Ebenen gearbeitet werden. Martin Gerster, Sprecher der Arbeitsgruppe Sport des SPD-Bundesverbands hält Fußball für “eine ganz besondere Burg”. In vielen gesellschaftlichen Bereichen gäbe es einen offeneren Umgang mit Homosexualität, der Sport hinke hinter her. Tatsächlich scheint es, als stünde der Kampf gegen Homophobie und Sexismus im Fußball noch ganz am Anfang. “Seit den 1980er Jahren nehmen Verbände, Medien und Institutionen Rassismus im Fußball verstärkt als Problem wahr und bekämpfen ihn” erklärt Nina Degele, im Vergleich dazu “ist eine Häufung von Projekten und Aktionen gegen Homophobie und auch gegen Sexismus erst seit Mitte 2000 zu beobachten”. Es scheint fast, als hätte Homophobie den Rassismus in den Stadien abgelöst. Bei rassistischen Äußerungen müsse meist mit einer höheren Strafe gerechnet werden, als bei homophoben Beleidigungen, sowohl in der Fankurve als auch auf dem Platz. Als Torwart Roman Weidenfeller 2007 verdächtigt wurde, Gerald Asamoah als “schwarze Sau” beschimpft zu haben, erklärte dieser nicht “schwarze” sondern “schwule Sau” gesagt zu haben. Das Sportgericht des DFB reduzierte seine Strafe daraufhin von sechs auf drei Spiele Sperre.

“Wir brauchen die heterosexuelle Mehrheit”
Um Vorurteile und Ressentiments im Fußball weiter abzubauen, schlägt Nina Degele zum Beispiel vor, Mädchen und Jungen länger gemeinsam trainieren zu lassen. Tanja Walther-Ahrens, Mitglied im Berliner Frauen/Lesben Sportverein Seitenwechsel e.V., unterstützt diesen Vorschlag und ergänzt, dass Vereine bereit sein müssten, sich mit dem Thema Diskriminierung auseinanderzusetzen, egal ob die Abwertung aufgrund von Geschlecht, sexueller Orientierung oder Hautfarbe passiere. Eine gezielte Sensibilisierung und die Schulung von Trainer/innen und Schiedsrichter/innen seien wichtige Schritte für mehr Toleranz.

Einen Tag vor dem offiziellen Eröffnungsspiel der Fußball-Weltmeisterschaft, das im Berliner Olympiastadion ausgetragen wird, findet am Samstag die Parade zum “Christopher Street Day” statt, die dieses Jahr unter dem Motto “Fairplay für Vielfalt” steht. Der Deutsche Fußballbund (DFB) unterstützt den Fest- und Demonstrationszug der Schwulen, Lesben, Bi- und Transsexuellen, der am Brandenburger Tor endet. Dort wird DFB-Präsident Theo Zwanziger den Preis für Zivilcourage an Tanja Walther-Ahrens verleihen. Die Sportwissenschaftlerin wird sich auch weiterhin für den Abbau von Homophobie und Sexismus im Fußball einsetzen: “Wenn wir hier etwas ändern können, kann man vielleicht auch in der Gesellschaft etwas ändern”.

Quelle: Netz gegen Nazis, erschienen am Freitag, 24.06.2011, 15:10

Das Hakenkreuz


Das bekannteste Symbol der Nationalsozialisten – das Hakenkreuz. Quelle: Aktion Zivilcourage

Bevor das Hakenkreuz zum bekanntesten Symbol und Inbegriff des Nationalsozialismus wurde, fand es schon seit frühgeschichtlichen Zeiten eine Verwendung als Schmuckelement in China, Japan, Indien, Griechenland und bei den Germanen und Kelten. Der bisher älteste Nachweis wurde in der Ukraine gefunden und wird auf ca. 10.000 v. Chr. datiert. Als positiv konnotiertes Heilssymbol und Sinnbild des Ewigen Kreislaufes ist es etwa als Gestaltungselement der Tempelräume des Dalai Lamas zu finden.

Adolf Hitler wählte wurde das Hakenkreuz 1920 zum Zeichen der NSDAP. 1933 wurde es zum offiziellen Zeichen des Nationalsozialismus, 1935 sogar zum Staatssymbol.

Hitler hat das Hakenkreuz vermutlich auf Grund der Deutungen des rassistischen “Runenkundlers” Guido von List ausgewählt, der ihm eine völkische und antisemitische Symbolik andichtete.

Die Farben der Hakenkreuzfahne sind denen der Reichskriegsflagge nachempfunden. Das Kreuz stellt hierbei die “Mission des Kampfes für den Sieg des arischen Menschen” dar. Es ist eingebettet in einen weißen Kreis, der den Nationalsozialismus symbolisieren sollte. Die signalrote Hintergrundfläche stand für den “sozialen Gedanken der Bewegung”.

Heute ist die Verwendung des Hakenkreuzes auf Grund der Untrennbarkeit vom Nationalsozialismus in jedweder Form in Deutschland verboten. Ausnahmen sind hierbei Abbildungen, die das Hakenkreuz eindeutig in Zusammenhang mit Gegenkampagnen bringen. So zum Beispiel rot durchgestrichen auf einem Verbotsschild, über einem Mülleimer oder von einer Faust zerschlagen.

Gaudreieck/Gauwinkel


Gauwinkel. Quelle: Aktion Zivilcourage

Dieser Ärmelaufnäher wurde in der NS-Zeit genutzt, um die Herkunft eines Gaus der NSDAP, der Hitlerjugend (HJ), des Bundes Deutscher Mädel (BDM) oder einer der Unterorganisationen genau zu kennzeichnen. “Gau” bezeichnete die Bezirke, die ebenfalls wieder und wieder unterteilt waren. Gauleiter waren in Zusammenarbeit mit der Wehrmacht verantwortlich für die zivile Verteidigung ihres Gebietes.

Auch heute wird der Gauwinkel mit der aufgestickten Ortszugehörigkeit in der Neonazi-Szene verwendet.
Das Tragen dieser Abzeichen, auch in anderen Farben als schwarz, ist seit 2002 strafbar, da sie eindeutig zur NS-Symbolik gehören.

Die sanfte Seite des Rechtsextremismus? (2)


Rechtsextreme Girlies auf einer Demo in Peenemünde Foto: © raf / AAS

Sie arbeiten als Musiklehrerin, im Jugendzentrum oder als ehrenamtliche Schwimmtrainerin – rechtsextreme Frauen bleiben oft lange unerkannt. Dadurch gelingt ihnen sogar besser als den Männern, rechtsextreme Gedanken in die Gesellschaft zu tragen.

Von Juliane Lang

Doch auch wenn sich die Frauen aus dem Umfeld von NPD und Kameradschaften außerhalb der Szene als nette Nachbarinnen geben: Auch, wo sie politisch nicht offen in Erscheinung treten, muss die Zivilgesellschaft sich klar von rechtsextremen Aktivistinnen abgrenzen. Hier drei weitere Beispiele.

Karin Schmutzler, NPD-Aktivistin

Lange Zeit war den Hamburger Behöreden bekannt, dsas die Musiklehrerin einer Grundschule im Ortsteil Volksdorf Mitglied in mehreren rechtsextremen Vereinigungen war. Allerdings sahen sie keine Möglichkeit zu intervenieren: Es gab keinerlei Beschwerden über die 47-Jährige, die 2002 für die Republikaner zur Bundestagswahl in der Hansestadt antrat. Mittlerweile ist sie wie ihr Ehemann Jochen Schmutzler bei der NPD aktiv und übernimmt logistische Aufgaben wie die Verwaltung des Postfachs für die Einheit Nord der Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ). Schmutzler und ihr Mann gehören zum Umfeld der Pennalen Burschenschaft Chattia Friedberg zu Hamburg. In ihrer Freizeit engagiert sich die Mutter von vier Kindern als Leiterin des Ostpreußenchors Niendorf.

Nach der Ausstrahlung eines Interviews, das sie dem Westdeutschen Rundfunk unter falschem Namen gab und in dem sie aus ihrer rechtsextremen Einstellung keinen Hehl machte, änderte sich die Situation. Obwohl der Bericht selbst nicht bundesweit ausgestrahlt wurde, erkannten MitarbeiterInnen des Norddeutschen Rundfunks die Frau und wandten sich an die Hamburger Schulbehörde. Es folgten Gespräche mit der Schulleitung der Grundschule. Karin Schmutzler distanzierte sich nicht von den rechtsextremen Äußerungen, die sie im Interview gemacht hatte.

Als Angestellte hatte die Lehrerin nicht – wie bei BeamtInnen üblich – einen Eid auf das Grundgesetz geschworen. Schließlich argumentierte die Hamburger Schulbehörde mit dem “Schulfrieden” an der staatlichen Grundschule, den sie in diesem Falle – spätestens nach Eingang massiver Beschwerden von entrüsteten Eltern – gestört sah. Katrin Schmutzler wurde mit sofortiger Wirkung in den inneren Schuldienst versetzt. Kündigen konnte man ihr – anders als ihrem Mann – nicht: Dieser erhielt als Musiklehrer an einer privaten katholischen Grundschule aufgrund seiner jahrelangen Einbindung in die gewaltbereite rechtsextreme Szene die fristlose Kündigung.

Iris Niemeyer, RNF-Aktivistin

Nach ihrem Diplomstudium der Sozialen Arbeit an der Fachhochschule Münster arbeitete die 33-Jährige als Leiterin des Kinderbereichs im Katholischen Kinder- und Jugendzentrum “H.O.T. – Alte Dame” im Stadtteil Rheine-Mesum. Politisch äußerte sich die junge Frau dort selten, durch ihr Aussehen und Auftreten hileten die MitarbeiterInnen des Jugendzentrums Iris Niemeyer für “eher linksalternativ”. Niemand in der Einrichtung wäre auf die Idee gekommen, dass es sich bei ihr um eine seit Jahren in der NPD aktive Rechtsextreme handelt. Umso erschrockener waren die MitarbeiterInnen, als im Herbst 2007 Fotos in einer an das Jugendzentrum gerichteten E-Mail Niemeyer als Aktivistin an einem Stand der rechtsextremen Organisation “Ring Nationaler Frauen” (RNF) zeigten.

Noch am selben Tag forderten die KollegInnen sie auf, sich von ihrem Engagement in NPD und RNF zu äußern, und konfrontierten sie mit der Unvereinbarkeit des demokratisch-pädagogischen Werteverständnisses der Einrichtung mit dem NPD-Parteiprogramm. Sich innerhalb der Einrichtungen zu ihren rechtsextremen Einstellungen zu bekennen, hatte Niemeyer bis zu diesem Zeitpunkt nicht für notwendig gehalten – von ihren politischen Aktivitäten und Inhalten distanzierten wollte sie sich nicht. Das Angebot der MitarbeiterInnen, über alles zu reden, sofern sie sich von der Partei abkehre, schlug sie aus. Ihr wurde fristlos gekündigt.

Nach einer Rechtsbelehrung durch die NPD zog Iris Niemeyer dagegen vor Gericht und bekam in erster Instanz Recht. Der Träger der Kinder- und Jugend-Freizeiteinrichtung, das Katholische Jugendwerk Mesum e.V., willigte daraufhin in einen Vergleich in Höhe eines Monatslohnes ein. Nur Wochen nach ihrer Entlassung ließ sich Iris Niemeyer zur Vorsitzenden des neu gegründeten Ortsverbands Rheine wählen. Sie engagiert sich bis heute beim Aufbau von NPD- und RNF-Strukturen in Nordrhein-Westfalen und ist eine der Gründerinnen der rechtsextremen Frauengruppe “Jeanne D.”

Ricarda Riefling, Rednerin bei Aufmärschen

Ricarda Riefling lebte lange Zeit unauffällig im niedersächsischen Coppengrave bei Hildesheim. Als im örtlichen Schwimmverein im Herbst 2006 Personalmangel herrschte, sprang die zweifache Mutter als Betreuerin für das Kinderschwimmen beim TSC Coppengrave ein. Zu diesem Zeitpunkt war sie bereits seit Jahren in der rechtsextremen “Gemeinschaft Deutscher Frauen” (GDF) aktiv und engagierte sich im “Ring Nationaler Frauen” (RNF) in Niedersachsen. Ihr Mann Dieter Riefling ist ein vorbestrafter Kader von NPD und freien Kameradschaften und ehemaliger Funktionär der mittlerweile verbotenen “Freiheitlichen Arbeiterpartei” (FAP).

Bei einem Kameradschafts-Aufmarsch in Hildesheim im Februar 2007, über den die überregionale Presse berichtete, trat Ricarda Riefling als Rednerin auf. Spätestens jetzt war auch in der Gemeinde bekannt, dass sie zu den führenden RechtsextremistInnen Niedersachsens zählt. Nachbarn und Nachbarinnen protestierten, doch der TSC Coppengrave reagierte erst, als nach einem Bericht des Norddeutschen Rundfunks im Herbst 2007 der öffentliche Druck zu groß wurde. Der Vereinsvorstand bat sie – immerhin ein halbes Jahr nach Bekanntwerden ihrer rechtsextremen Aktivitäten -, von ihrem Ehrenamt als stellvertretende Leiterin der Schwimmabteilung zurückzutreten. Die Begründung für das späte Eingreifen: Im Ort selbst und im Verein sei Ricarda Riefling schließlich nie politisch in Erscheinung getreten.

| Lesen Sie auch Teil 1 über Stella Hähnel, Mitglied im NPD-Bundesvorstand, und Sigrid Schüßler, “Nationale Kabarettistin”

Dieser Text wurde uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom Deutschen Frauenrat. Er erschien zuerst in der Zeitschrift
“Frauenrat. Ausgabe 6/2008: Gefährlich im Aufwind. Rechtsextreme Frauen.”


Kostenlose Probeexemplare des Heftes können Sie unter kontakt@frauenrat.de oder auf der Website des Deutschen Frauenrates bestellen:
www.frauenrat.de bestellen.

Quelle: www.netz-gegen-nazis.de, erschienen am Donnerstag, 22.01.2009, 14:13