Verleihung des Willhelm-Witt-Preises für Demokratie und Zivilcourage in Zossen am 1.9.2011

Es gab allenthalben nur spontane Zustimmung, als wir den von Kurt Liebau vorgeschlagenen neuen und also ersten Wilhelm – Witt – Preis 2011 für Demokratie und Zivilcourage Brigitte Klein verleihen wollten.

Nun war es schwierig, wer es Brigitte schmackhaft machen sollte, die erste Preisträgerin werden zu wollen. Die Rolle fiel dann – oh Wunder – wieder einmal mir zu. Und so nahm ich gestern allen Mut zusammen – und richtig: Brigitte Klein hatte sofort Bedenken hinsichtlich ihrer Preiswürdigkeit und war gleich versucht, nach einer preiswürdigeren Persönlichkeit Ausschau zu halten. Aber ganz so schwer wollte sie es mir dann doch nicht machen und stimmte zu. Denn meine Argumente waren ja auch nicht so schlecht. Kurt hatte sie in dankenswerter Weise für mich zusammengestellt.

Jetzt mache ich es mir zunächst einmal einfach und bringe die Konklusion zur Verlesung:

Polemik ist nicht ihre Sache

Sie glaubt unbeirrt, dass der Mensch sich ändern kann (und sie fordert auch ein, dass er es tut)

Sie ist Demokratin durch und durch! Auf sie ist immer Verlass!

Das war der Steckbrief – einen ähnlichen gibt es kaum in Zossen!

Die spannende Vita der ehemaligen Lehrerin Brigitte Klein, die der Kurt hier seit 2003 nachgezeichnet hat, hefte ich nun einfach einmal an. Sie liest sich fast wie ein ganzer, geraffter Lebensentwurf und zeigt, dass es Brigitte stets ernst ist damit, dass uns unsere Talente von Gott gegeben und von unseren Eltern und Freunden gefördert worden sind, damit wir zeitlebens etwas Vernünftiges daraus machen und sie unseren Mitmenschen angedeihen lassen.

Ich springe nun: von der Heranbildung junger Demokraten über das Bürgerbündnis und die Brücke und Kieselbörse direkt hinein in die Anfänge von attac-tf, den BAZ e.V. und den von ihm getragenen Kraut- und Rübenmarkt, inzwischen eine feste Größe in Zossen – mit dem Anliegen: Genug für alle – weltweit.

Brigitte Klein war und ist besonders erfolgreich in der evangelischen Erwachsenenbildung engagiert. Die Bildungsreihe Mensch und Welt von attac-tf oder die jährliche Ökofilmtour wären ohne ihren Einsatz nicht denkbar. Sie war sich bis 2003 auch nicht zu schade, in der Stadtverordnetenversammlung zum Wohle der Bürger mitzuarbeiten.

Brigitte ist, wenn es ihre Kräfte zulassen, immer mit Rat und Tat und gern auch mit ihren Mahnungen und intelligenten Fragen eine herausragende Gestalt in unseren Bildungsveranstaltungen. Ein Mensch mit Ansprüchen und ohne Eitelkeiten, eine Zierde für unser Bestreben im BAZ, im Haus der Demokratie und in der Bürgerinitiative Zossen zeigt Gesicht.

Wir sind dankbar, liebe Brigitte, dass Du diesen neuen Wilhelm – Witt – Preis für Demokratie und Zivilcourage annimmst und es uns damit ermöglichst, ganz deutlich zu machen, dass wir mit diesem Preis herausragende Persönlichkeiten ehren wollen, die Beispielgebendes geleistet haben und leisten für die friedliche demokratische Entwicklung unseres Gemeinwesens ebenso, wie für das Einüben und das Erstarken des aufrechten Ganges in Gesellschaft und Politik.

Persönlichkeiten oder Initiativen wollen wir mit diesem Preis auch künftig auszeichnen, die Verantwortung übernehmen und sich nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen und jeden Tag ihr verklärtes Weltbild streicheln, sondern dieses immer wieder neu auf seine Tauglichkeit hin abfragen. Mit zunehmendem Alter wird diese Übung nicht leichter, dafür mitunter notwendiger denn je. Für die Älteren unter uns bist Du auch in diesem Zusammenhang die Laterne, an der wir uns orientieren können. Danke, liebe Brigitte!

Und so rufen wir: Brigitte Klein hat sich um die Menschen in Stadt und Land verdient gemacht.

Georg-Heinrich von Eichborn

 

Wer war Willhelm Witt?

Wilhelm Witt – Eine Kurzbiographie von Kurt Liebau

*20.10.1891

Herbst 1936 Berlin

Seit 1908 in Zossen, wurde Wilhelm Witt als junger Schriftsetzer einer der politischen Führer der SPD in der Stadt. Er arbeitete zunächst in der Berliner Buch- und Kunstdruckerei in der Stubenrauchstraße, in der in den besten Zeiten etwa 250 Arbeiter Lohn und Brot fanden. Insbesondere mit der gewerkschaftlichen und politischen Arbeit dieser Berufsgruppe war der Aufstieg der politischen Linken in Zossen um die Wende vom 19. Zum 20. Jahrhundert verbunden.

Im 1. Weltkrieg diente Witt als Sanitätsunteroffizier in Döberitz bei Berlin. Dadurch konnte er eine relativ enge Verbindung zu Zossen halten. Während der Novemberrevolution 1918 war Wilhelm Witt Sprecher des Zossener Arbeiter- und Soldatenrates. In dieser Funktion war er als Anhänger der Ebert-Regierung mit der Kontrolle der alten Macht (Bürgermeister Wirth) betraut. Überliefert ist sein Versuch den Amtsvorsteher Max von Ribbeck, einen strammen Konservativen abzusetzen.

Durch die Novemberrevolution und die Einführung des neuen Wahlrechts gelingt es, das politische Monopol der Konservativen in Zossen zu brechen. Witt konnte dadurch Angestellter der Ortskrankenkasse in Zossen werden.

1919 bis 1931 war er mit kurzer Unterbrechung Stadtverordneter in Zossen und 1930/31 Beigeordneter (Stellv. Bürgermeister) in Zossen.

Wilhelm Witt war dafür bekannt, sich mit den monarchistisch gesinnten Kriegerverbänden anzulegen, was ihm auch Gerichtsverfahren von seiten dessen Vorsitzenden Max von Ribbeck eintrug.

Seit Mitte der 20er Jahre war Wilhelm Witt Mitglied des Kreistages des Teltow. Hier arbeitete er u.a. im Ausschuss für die Kreiskrankenkasse mit und war stellvertretendes Mitglied im Verbandsausschuß des Brandenburgischen Sparkassen- und Giroverbandes sowie Mitglied im Kreisfortbildungsschulkuratorium.

Am 15. Mai 1933 wurde die Selbstauflösung der Kreistagsfraktion der SPD verkündet. In der Folge verzichtete Wilhelm Witt auch darauf, als Nachrücker für die SPD in die Stadtverordnetenversammlung einzuziehen.

Wilhelm Witt war ein unbeirrbarer Gegner des Nationalsozialismus. Durch sein Auftreten zog er sich den Hass der Nazis zu. Am 29. Juni 1933 gehörte er zu den 60 Zossenern, die von den Nationalsozialisten, insbesondere der Zossener SS und Gestapo, auf dem damaligen Schulhof (heute hinter der Stadtbibliothek) verhört und gefoltert wurden. Witt gehörte er zu den 32 Zossener Nazigegnern, die am 30. Juni 1933 in das KZ Oranienburg-Bierbrauerei eingeliefert wurden. Wegen seiner besonderen „Staatsgefährlichkeit“ wurde er später für mehrere Jahre in das Zuchthaus Sonnenburg (heute in Polen) verbracht.

Seine Gegnerschaft zum Nationalsozialismus führte auch zum Verlust seiner Arbeitsstelle und als er nach seiner Entlassung nach Zossen zurückkehren wollte, verweigerte ihm die Stadtverwaltung das Wohnrecht. So mußte Wilhelm Witt zuletzt in Berlin Lichtenrade in einer Laubenkolonie mit Frau und Tochter Gerda leben.

Im Herbst 1936 verstarb Wilhelm Witt an den Folgen der Haft. Er wurde in Berlin-Baumschulenweg eingeäschert.